Ab den 2000ern begann die Rockmusikszene in Syrien regelrecht zu explodieren. Heute kann ich über 50 Rockbands aufzählen, die seither gegründet wurden, von denen einige sich am Leben halten konnten, während andere leider keine Chance bekamen, je gesehen zu werden.
The Gene Band
Eine der Rockbands, die in der syrischen Rockszene große Spuren hinterlassen hat, ist die Gene Band, eine Band aus sechs aktiven Musikern. Mit ihren speziellen Arrangements, traditionelle arabische Lieder in einem neuen progressiven Rockkontext zu spielen, gelang es der Band, Kunst zu schaffen und Aufmerksamkeit und Interesse zu wecken. Das Erbe der Gene Band sollte später in neuen Formationen wie Anas and Friends und den Ascendants weiterleben.
In den 2000er Jahren tauchten viele Musiker aus dem Nichts auf und konnten ein großes Publikum um sich scharen, wie z. B. Yasser Alkhadra oder die Heavy-Metal-Band Amer Touma mit dem Sänger Jean Samara, der an mehreren Bandprojekten beteiligt war, bis er während des Krieges nach Berlin emigrierte. Viele dieser Bands spielten Heavy und Trash Metal, aber es wurden auch einige Doom-Metal-Bands gegründet. Auch Punk-Bands wie das Mazhott-Trio mit Frontmann Rashwan traten auf.
Generell wurde die Rockszene stabiler und organisierter, da Rockcafés und Musikproduktionsfirmen entstanden. Gitarrist Rawad Abdul Massih, Gründer mehrerer Bands wie Hourglass und Rasas, gründeten in Damaskus ein Studio für Musikproduktion, das bis heute in Betrieb ist. Mouhannad Alsamman, Gitarrist der ehemaligen Marmar-Band (siehe 90er Jahre), eröffnete in Damaskus ein Rock-Café namens „Mon Café“ – ein Ort, an dem sich junge und alte Musiker*innen treffen.
Um 2006 wurde Qussai Aldakr, Gitarrist, Keyboarder und Mitglied der Band Tuner, Leiter der technischen Abteilung des Higher Institute of Music, wo er 40 Musiker*innen in Aufnahme und Musikproduktion ausbildete. Seine Arbeit trug dazu bei, eine Marktlücke für kostengünstige Aufnahmen zu schließen. Dies öffnete die Tür für ein internationales Online-Publikum. Da es an öffentlicher Unterstützung und Kulturpolitik mangelte, war diese Generation die erste, die von den Vorteilen der sozialen Medien profitierte.
| Frauen & Rockmusik in Syrien
Die Rockszene hat eine Reihe von sehr starken Sängerinnen hervorgebracht, die erwähnenswert sind. Ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass die Rockmusikszene in Syrien so vielfältig ist. Eine von ihnen ist Rasha Rizk, die in mehreren Bands spielte, darunter Ittar Shameh. Rasha Rizk gelang es, ihre Arabischkenntnisse, Operntechnik und ihre lebendige Stimme erfolgreich einzusetzen, um so ihren eigenen einzigartigen Stil zu etablieren. Rizk wurde auch durch die Produktion von Liedern für TV-Kinderserien bekannt und lebt heute in Frankreich.
Weitere weibliche Frontsängerinnen traten in einer Reihe von Bands auf. Zu den sehr bekannten Sängerinnen gehören Areej Zayat, Souzana Joumaa, Nermeen Shawki und Carmen Toukmaji, um nur einige zu nennen. Entdecken Sie einige Lieder dieser Frauen:
| Rock und Heavy Metall seit 2011
Der Krieg hat tiefe Spuren in der Rockmusikszene hinterlassen, nicht nur durch die zahlreichen Musiker*innen, die das Land verlassen haben und deshalb global verteilt sind. Trotzdem haben sich viele neue Bands in Syrien formiert, die in ihrer Musik die Erfahrungen des Krieges verarbeiten.
Monzer Darwish, Heavy-Metal-Musiker aus der Stadt Homs, erzählte dem Magazin The Atlantic im Jahr 2014, wie er und seine Freunde während des anhaltenden furchtbaren Krieges Zuflucht in ihrer eigenen Musik suchten. Er berichtet außerdem, wie die Heavy-Metal-Szene mit der von ihr geschaffenen Musik aktiv „einen brutal ehrlichen Dialog darüber geführt, wie man den Krieg überleben und Gesellschaft reformieren kann.“
Die Erfahrung des Krieges wurde zu einem vorherrschenden Thema in der Rock- und Heavy-Metal-Szene. Bands wie Maysaloun, DUST etablierten sich ab 2011, mussten aber mit den gegenwärtigen Unruhen in ihrem Land stets fertig werden.
| Von Syrien in die Welt
Gleichzeitig haben viele Musiker außerhalb Syriens eine neue Heimat gefunden und in der Diaspora neue Formationen mit einer starken Fangemeinde hervorgebracht, wie Tanjaret Daght und Khebez Dawleh.
“The Syrian trio Tanjaret Daghet look increasingly like becoming one of the few bands to nail the tricky business of making Arabic language rock appeal to people who don’t really listen to anything except Western music.
Tanjaret Daghet
Die 2008 gegründete Band Tanjaret Daghet entstand durch den kreativen Kopf des Leadsängers und Bassisten Khaled Omran. Eine Metamorphose nach der anderen, besteht die Band heute aus drei Musikern: Tarek Khoulouki, Gitarrist und Background-Sänger, Dany Shukri, Schlagzeuger, und natürlich Khaled Omran. In Beirut (Libanon) ansässig zieht die Band ein großes Publikum in der arabischen Welt an und hat für solche Aufmerksamkeit gesorgt, dass das berühmte Rolling Stones Magazin einen Artikel über sie als aufsteigende arabische Rockstars veröffentlich hat.
Khebez Dawle
Khebez Dawle ist eine vierköpfige syrisch-libanesische Indie-Rock-Band. Gegründet in Damaskus Ende 2012 als Ein-Mann-Projekt, konsolidierte sich die Band in Beirut (Libanon) Anfang 2013 mit Muhammad Bazz, Bashar Darwish, Hekmat Qassar und Anas Maghrebi. Ihr erstes Konzeptalbum „Khebez Dawle“ wurde im August 2015 veröffentlicht und präsentiert sehr energetische und kraftvolle Musik. Die Bandmitglieder leben mittlerweile in Berlin.
Obwohl viele der jungen aufstrebenden Musiker die Geschichte der Rockmusik in Syrien nicht kennen, hat es die Szene geschafft, zu überleben und das Wasser so sehr am Laufen zu halten, dass bis heute Wellen zu erkennen sind. Es gibt heute viele sehr begabte Rockmusiker in ihren frühen Zwanzigern, die auf eine bessere Zukunft warten und hoffen. Unter ihnen sind Talente wie Ammar Ghazi, Omar Hawasli, Mohammad Stash und viele andere. Ich hoffe von ganzem Herzen, sie in einer friedlichen Zukunft auf großen Bühnen sehen zu können.
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