von Jihad Sulaiman

Es gibt viele Geschichten, deren Ursprung in Damaskus liegt und die ihren Weg in die ganze Welt gefunden haben.

Eine von ihnen kommt aus dem Hause Hanania. Dort ließ Saul (2–64 n. Chr.) sich von Hanania – einem Jünger Christi – taufen, obwohl er vorher einer der größten Verfolger der Urchristen gewesen war. Nach einer heiligen Vision (Offenbarung) verbreitete er jedoch, unter dem Namen Apostel Paulus, die Botschaft der „neuen Religion“ bis nach Rom, bevor er dort für seinen Glauben starb.

Nach der Apostelgeschichte beginnen die Ereignisse in Tall Kawkab. Dieser Ort liegt ca. 15 km südlich von Damaskus an einer historischen Straße, die von Palästina nach Damaskus führt. Saul hatte den Auftrag vom Hohepriester, die Anhänger Jesu Christi in Damaskus zu verfolgen und zu verhaften. Auf dem Weg dorthin verlor Saul sein Augenlicht. In Tall Kawkab erhielt er eine Vision und suchte dann nach Erlösung bei Hanania. Durch die Taufe von Hanania fand er Erlösung und erlangte sein Augenlicht wieder.

Die Treppe in die Ananias-Kapelle im Bab Tuma-Viertel
Die Treppe in die Ananias-Kapelle im Bab Tuma-Viertel – © Jihad Suliman (CC-BY-NC-ND)

IIn der Altstadt führt heute der Weg vom östlichen Stadttor zum Haus des Hanania durch die Hanania- Gasse, die von kleinen, eng aneinandergereihten damaszener Häusern gesäumt ist. Man gelangt über das Kirchentor zu einem kleinen Hof, in dem Statuen stehen. Eine zeigt die Taufe Sauls durch Hanania, während die andere Hanania darstellt, wie er seine Arme zum Himmel erhebt. Nordöstlich im Hof befindet sich eine schmale Tür. Dahinter führt eine kleine Steintreppe zu einer fünf Meter tiefen, unterirdischen Höhle, welche die Hanania-Kirche bildet. Diese ist in zwei Bereiche unterteilt. Der nordöstliche Bereich bildet das Hauptschiff der Kirche.

Die Apsis der Ananias-Kapelle im Viertel Bab-Tuma
An der Wand der überwölbten Apsis befinden sich drei Bilder, die aus der Geschichte des Apostels Paulus erzählen – © Jihad Suliman (CC-BY-NC-ND)

Nordwestlich davon befindet sich eine kleinere Nebenkammer. Der Boden ist mit großen gestreiften Fliesen belegt, die durch schwarze Fugen miteinander verbunden sind. Im Hauptschiff stehen an beiden Seiten parallel aufgereiht Holzbänke. In trübem Licht hängen in der Altarnische der Steinkirche drei Gemälde. Auf dem ersten Gemälde ist die Vision Sauls abgebildet, bei der er sein Augenlicht verliert. Ein anderes Gemälde zeigt Hanania, der seine Hand auf Saul legt, damit dieser sein Augenlicht wiedererlangt. Das dritte Gemälde stellt die Flucht des Apostels Paulus dar, wie er in einem Korb die Stadtmauer heruntergelassen wird, nachdem er wegen seines Glaubens verraten wurde.

Die faszinierenden Gemälde und die Atmosphäre in der Kirche lösen beim Besucher ein Bedürfnis aus, mehr über die Geschichten und Reisen des Apostels Paulus zu erfahren und regen an, neue Fragen zu stellen. Viele dieser Fragen werden auf anderen Bildern in der kleinen Kammer beantwortet. Die Gemälde hier erzählen vom religiösen Leben des Apostels Paulus und seinen vier Reisen in den Jahren von 46 bis 62 n. Chr. nach Jerusalem, Antakya (Antiochia), Zypern, Griechenland und Kreta. Seine letzte Missionsreise endete in Rom tödlich durch das Schwert Neros. 

Ananias-Kapelle im Viertel Bab Tuma, Bilderreihe mit Motiven aus dem Leben des Paulus in der
Ananias-Kapelle im Viertel Bab Tuma, Bilderreihe mit Motiven aus dem Leben des Paulus – © Jihad Suliman (CC-BY-NC-ND)

In seinem Buch „Der orientalische Schrank“ erwähnt der Autor Habib Zayyat, dass die Kirche Hananias über einem heidnischen Tempel erbaut wurde. Die Kirche entstand während der Herrschaft des umaiyadischen Khalifen Walid ibn ʿAbd al-Malik. Heute zählt sie zu den ältesten christlichen Kirchen der Welt und ist die zweitälteste Kirche in Damaskus. Nach den Angaben des Forschers Habib Salloum wird jedoch davon ausgegangen, dass die derzeitige Kirche der Keller des Hauses Hanania war. Eine andere Vermutung ist, dass sie einst auf Ebene der römischen Straße gebaut wurde.

An der Geschichte des Apostels Paulus Interessierte können heute noch drei weitere Orte in Syrien besuchen: Die Kirche der Offenbarung in Tall Kawkab, die St. Paul Kirche im Damaszener Stadtviertel Bab Kisan (dort wurde er während seiner Flucht in einem Korb aus einem Fenster die Stadtmauer herunter gelassen) sowie die zweite nach Hanania benannte Kirche in der Qurashi-Gasse im Damaszener Viertel al-Midan. Laut Legende befindet sich hier eine Ecke, aus der heiliges Öl tropft. Dies stärkt die Vermutung, den Glauben, dass sich dort das Grab Hananias befindet.


ِAutorenschaft von Syrian Heritage Archive Project

Gemeinschaftsprojekt zur Digitalisierung von Beständen des syrischen Kulturerbes aus Deutschland (Museum für Islamische Kunst in Berlin und Deutsches Archäologisches Institut) in der Zeit von 2013-2019

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